„Autotelisches Erleben ist nicht außenbestimmt und außenmotiviert, bedarf keiner Außenbewertung. Es bestimmt, motiviert und lohnt sich selbst. Es ist sich selbst genug. Freude und Glücksempfinden entspringen der Tätigkeit selbst. Sie erwachen und erwachsen im erlebenden Individuum.“
(Quelle: Wikipedia)

From series „Fusions„, ongoing, 2017

wien, texas 1985

acht uhr morgens: mein wecker brüllt, durch rote nebel taste ich an meine brille. noch bevor der verdammte wecker das zweigestrichene cis erreicht, schleudere ich denselben in die weckerecke. ich hasse diesen ton.

für einen moment ist es still, da erreicht mein linker finger schon die sensortaste der schwarzmetallic revox. ich mag quadrophonie.

die boxen heulen mit satten 120 watt auf, jimmies zähne blitzen in die saiten seiner strat.

meine füße berühren grund. kalte fliesen.

mit dem wasserfesten wondratschek unterm arm gehe ich unter die dusche. 6 grad celsius, meine behaarte große zehe stochert im schamhaarverlegten abfluss.

nach zehn minuten siebendüsigen bestrahltwerdens mit prickelndem hochquellwasser kann ich wolf auswendig. er ist meine kleine morgengymnastik.

die zahne klappern mir auf die gauloise, während ich mich mit einem frischen gillette slalom naßrasiere und aus den augenwinkeln musil lese, den mann ohne eigenschaften. das ist langweilig. im lacoste-bademantel stelle ich das kaffewasser auf.

paco-rabanne stinkt zum himmel, die eier wallen im messingtopf mein blick bohrt sich tief in irgendein skriptum. noch immer nicht ausgelastet telefoniere ich noch schnell mit meiner mutter. 2000 meilen übersee, es knackst in der leitung. es gibt nichts neues.

als george gruntz’s zunge das mundstück seines sax’s vögelt, stellen sich meine brustwarzen leise auf. gleich sind die eier halbweich (2 1/2 minuten). mein arsch fühlt sich samtig an.

ich stelle fest: man sollte faust nur zwei mal lesen.

die tuborg-dose ist richtig temperiert, ich sehe meine finger in die beschlagene oberflache gleiten.

es regnet nicht.

gegenüber, zweiter stock, schält sich die 32-jährige johanna aus den laken. sie weiß, daß ich ihr zusehe. meine linke hand sucht die krausen haare an der innenseite des oberschenkels. sie sieht und spürt das alles.

johanna schließt die gardinen, ich lade meine schreibmaschine durch.

jäh wie ein sommergewitter ergießen sich 20 gedichte über weiße blätter, die ich mit lichtgeschwindigkeit in die walze ziehe. eine zeitlose ekstase von fünf minuten.

johanna, dein freier, ziehe ich zu dir, dringe durch enge fensterritzen und in dich, wo sonst nur blicke sich suhlen, spielt meine zunge, wühlt sich in dich, von deinem giftgrünen geruch vollends entnervt. so laufe ich in sich ins atomare verkleinernden kreisen schlittschuh, blut pulst aus deiner halsschlagader wie samen aus meinem glied. jo, ich hänge mich an dich, erhänge mich an den steifgewordenen armen deiner ungestillten sehnsucht, welche die wärme meiner lenden um den bruchteil einer sekunde zu spät erreichten.

ein etwas lästiger orgasmus.


by laser & penz
Veröffentlicht in „tamtam“, Nr. 4, Innsbruck, September 1987
© Gert Lanser & Robert Neuschmid, 1985

„I can´t imagine any place that isn´t worth photographing.“
aus: Robert Adams, Along Some Rivers

Göttweig, February 2021

Sein Freund Ackerl hatte sich im Laufe der Jahre zu einem Freizeitzampano entwickelt. Ackerl krallte sich jedes Jahr ein anderes Freizeitvergnügen und erreichte darin innerhalb kürzester Zeit eine atemberaubende Meisterschaft. Wenn er an Ackerl dachte, befiel ihn ein Gefühl des elementaren Ungenügens, ein Gefühl der Freizeithilflosigkeit, gar der Lebensführungsunkunst. Er fragte sich, weshalb er so ungeschickt im Mitmachen war? Weshalb er, seit er denken konnte, gegen den Strom schwamm und sich dabei sinnlos verausgabte und erschöpfte? Meine Widerstände sind nicht nur zwecklos, meine Widerstände machen mich zur Witzfigur, dachte er. 
(19.10.2007)

Castello di San Giusto, Trieste, February 2020

„An manchen Tagen vermag ich aus dem Wissen darum, daß wir Todgeweihte sind, stille Freude und Süßigkeit zu ziehen. Dann ist alles an mir ein Abschiednehmendes.“
aus: Peter Rosei, Wer war Edgar Allen

Fragile
Paudorf, March 2018

mehr als alles andere, wünsche ich den menschen geborgenheit.
(november 2018)

All Dialogue Is Imagined (ongoing)
August 2020

Mannequin
Krems, August 2016

„Ich glaube, dass Allgemeingüter das letzte Reservat sind, in dem sich gegenüber der Marktförmigkeit von allem und jedem so etwas wie Menschlichkeit noch retten lässt. (…) Denn seit Immanuel Kant wissen wir, Würde ist das, was keinen Preis hat.“
aus: Armin Thurnher, Seuchenkolumne vom 09.03.2012

„Stellen Sie sich vor, unsere Welt wäre ohne Substanz. Es gäbe nichts Greifbares, keine Massen. Volumen wären Leerstellen zwischen Umrissen. Körper gäbe es nur in ihren Konturen und silhouettenhaft. Gesteine wären wie Gestirne, gegeben als flüchtiger Widerschein am Firmament.

Die neue Werkgruppe von Constantin Luser sind hängende Drahtgebilde. Es sind Hauchexistenzen, ohne innere Schwere und Festigkeit, ausgestattet indes mit einer zarten Bewegungsensorik, die imstande ist, Ströme von Thermik und atmosphärische Schwankungen zu registrieren. Sie bestehen aus dünnen Messingleisten, die gelötet, gebogen oder zu Geraden gezogen werden. Manche diese Objekte erinnern an die Drahtfigurinen von Naum Gabo oder seines Bruders Antoine Pevsner, andere an die geometrischen Konstruktionen eines Max Bill aus den 1950er Jahren. Doch anders als Avantgarde und Nachkriegsmoderne sind Lusers Messinggespinste weder an der Darstellung einer rigiden Form interessiert noch an konstruktiver Klarheit. Vielmehr sind es eigenwillige Formen, unbeständige Luftkurven, die sich zu Kringel, Schlingen, Schlangen und glitzernden Knoten auswachsen. Sie schweben im Raum, balancieren oder drehen sich, federleicht und stumm. Von Raumzeichnungen ist immer wieder die Rede. Ja, natürlich haben diese hängenden und pendelnden Objekte eine Ähnlichkeit zu den Mobiles von Alexander Calder, doch Calder machte seine Formen bunt und primärfarbig, in großen Lappen, Flügel oder flachen Löffel.

Bei Luser sind diese Gebilde feingliedrig und zartfühlend, verkleinerte Entwürfe einer substanzlosen Existenz. Sie erinnern an von Uhrmachern erdachte Instrumente, erscheinen als alchimistische Fundstücke, die aus Wunderkammern stammen, aus Hinterzimmern oder aus Kellergewölben (…).“
(Thomas Trummer, 2015)

Belvedere 21, Vienna, August 2016

Constantin Luser